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(Stand: Januar 1997)
Eine unter Freiversuchsbedingungen erfolglos unternommene Erste juristische Staatsprüfung gilt als nicht unternommen (§ 22 Abs. 3 JAPrO), d.h. der Prüfling wird so gestellt, als hätte er an der Prüfung nicht teilgenommen.
Diese Regelung findet grundsätzlich nur Anwendung bei einer Prüfungsteilnahme nach ununterbrochenem rechtswissenschaftlichem Studium spätestens an der am Ende des achten Fachsemesters beginnenden Prüfung. Bei der Berechnung der Semesterzahl werden bis zu drei Semester eines Auslandsstudiums nicht mitgezählt , wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
I. Immatrikulation im Fach Rechtswissenschaft an einer Universität im Ausland
1. Immatrikulation im Fach Rechtswissenschaft
Erforderlich ist die Einschreibung an einer juristischen Fakultät. Erfolgt die Einschreibung nicht an einer bestimmten Fakultät, ist maßgeblich, ob die Einschreibung für einen juristischen Studiengang erfolgt, d.h. für einen solchen mit dem Ziel eines juristischen Abschlusses. Die Einschreibung für einen Studiengang mit einem besonderen Abschluß für ausländische (Gast-) Studierende - z.B. "Master of Comparative Jurisprudence" - reicht aus. Die genannten Voraussetzungen werden auch bei Einschreibung im Rahmen eines Erasmus Programms besonders geprüft. In keinem Fall ausreichend ist die Einschreibung für eine Gasthörerschaft.
2. Immatrikulation an einer Universität im Ausland
Nicht ausreichend ist z.B. die Immatrikulation an einem sonstigen wissenschaftlichen Institut oder einer anderen wissenschaftlichen Einrichtung im Ausland oder an einer wissenschaftlichen Einrichtung im Inland (z.B. am Centre d´ Etudes Juridiques Francaises der Universität Saarbrücken). Ebensowenig genügt der Besuch rechtswissenschaftlicher Vorlesungen an einer ausländischen Universität im Rahmen eines Konföderationsabkommens ohne Immatrikulation im Ausland (z.B. Europäische Konföderation der oberrheinischen Universitäten-EUCOR).
Nachweis: Immatrikulationsbescheinigung, Studienausweis, Studienbuch oder besondere Bescheinigung der auslandischen Universität.
II. Beurlaubung durch die Universität im Inland
Die "Heimatuniversität" im Inland muß zum Zwecke des Auslandsstudiums eine Beurlaubung gem. § 90 Universitätsgesetz (bzw. des jeweils anwendbaren Hochschulgesetzes eines anderen Bundeslandes) ausgesprochen haben.
Nachweis: Beurlaubungsbescheid oder Studienbuch/Datenkontrollblatt
III. Besuch von Lehrveranstaltungen im ausländischen Recht in angemessenem Umfang, in der Regel von acht Semesterwochenstunden
Zu den Lehrveranstaltungen im ausländischen Recht gehören
- alle Lehrveranstaltungen, die das Recht des Landes zum Inhalt haben, in dem
sich die Universität befindet (einschließlich seiner besonderen
historischen Grundlagen),
- nach der Praxis des Landesjustizprüfungsamts Baden-Württemberg
auch Lehrveranstaltungen zum Völkerrecht, Europarecht, Internationalen
Recht (z.B. IPR) und zur Rechtsvergleichung.
Nicht hierzu zählen
- Sprachveranstaltungen (auch nicht solche zur Rechtssprache, selbst wenn
sie juristische Texte zum Gegenstand haben),
- Veranstaltungen, die ausschließlich das deutsche Recht zum
Gegenstand haben.
Nachweis: Studienbuch (mit entsprechenden Testaten, soweit solche üblich sind) oder Teilnahmebescheinigung; falls Studienbuch und Teilnahmebescheinigungen nicht ausgegeben werden oder nicht alle erforderlichen Angaben enthalten: selbst gefertigte Auflistung der besuchten Veranstaltungen (unter Angabe von Semester, Titel der Lehrveranstaltung, Zahl der Semesterwochenstunden) und Versicherung ihrer Richtigkeit.
IV. Erwerb eines Leistungsnachweises im ausländischen Recht je Semester
1. Leistungsnachweis
Der Leistungsnachweis muß in einer wissenschaftlichen Lehrveranstaltung durch Ablegung einer Prüfung erworben werden. Es muß eine Klausur oder eine Hausarbeit gefertigt oder ein schriftlich ausgearbeitetes Referat erstattet worden sein. Von einer schriftlichen Prüfungsleistung kann nur dann abgesehen werden, wenn es nicht möglich ist, an der ausländischen Universität in den belegten und besuchten Lehrveranstaltungen eine derartige Prüfungsleistung zu erbringen; in diesem Fall kann eine mündliche Prüfungsleistung erbracht werden, die den gesamten während des Semesters bzw. des akademischen Jahres vermittelten Lehrstoff zum Gegenstand haben und pro Kandidat in der Regel 30 bis 45 Minuten dauern muß.
Der Leistungsnachweis muß an der Universität, an der die Studentin/der Student eingeschrieben ist oder an einer mit dieser Universität kooperierenden wissenschaftlichen Einrichtung (Beispiel: Institut Universitaire de Hautes Etudes Internationales bei Einschreibung an der Universität Genf) erworben werden.
Nicht ausreichend ist die Bescheinigung bloßer Teilnahme an einer Lehrveranstaltung oder einem Praktikum.
2. Im ausländischen Recht
Vgl. hierzu oben III.
3. Je Semester
Grundsätzlich muß in jedem Auslandssemester mindestens ein Leistungsnachweis im ausländischen Recht erworben werden. Soweit nur eine Jahresabschlußprüfung stattfindet, genügt diese, wenn zwei Prüfungsleistungen erbracht werden.
4.
Nicht entgegen steht einer Anerkennung als Leistungsnachweis im ausländischen
Recht, daß
- der Leistungsnachweis zugleich nach § 8 Abs. 2 Satz 4 JAPrO als
Ersatz für einen zulassungsrelevanten inländischen Leistungsnachweis (Übungs-,
Seminar-, Grundlagenschein) anerkannt wird (dazu unten B.),
- in demselben Semester an der ausländischen Universität auch ein
zulassungsrelevanter Schein zum deutschen Recht (Übungszeugnis für
Fortgeschrittene im [deutschen] Zivilrecht an den Universitäten Genf und
Lausanne) erworben wird.
Nachweis: durch entsprechende Bescheinigung der ausländischen Universität,
aus der sich ergeben sollen
- Semester,
- Prüfungsfach,
- Art der erbrachten Leistung (Aufsichtsarbeit, Hausarbeit, schriftlich
ausgearbeitetes Referat, ggf. besondere Voraussetzungen einer Anerkennung bei
nur mündlicher Prüfung [oben 1.]),
- Bewertung der Leistung.
Bei fremdsprachigen Bescheinigungen ist eine deutsche Übersetzung
beizufügen. Die Übersetzung kann vom Studenten selbst angefertigt
werden. Die Anforderung einer amtlich beglaubigten Übersetzung bleibt
vorbehalten. Bei englisch- und französischsprachigen Bescheinigungen
verzichtet das Landesjustizprüfungsamt regelmäßig auf die
Vorlage einer Übersetzung.
Die Teilnahme an einer Übung, an dem Seminar sowie an der Grundlagenveranstaltung kann durch die erfolgreiche Teilnahme an einer vom Landesjustizprüfungsamt als gleichwertig anerkannten Veranstaltung einer rechtswissenschaftlichen Fakultät im Ausland ersetzt werden. Voraussetzungen hierfür sind:
1. Immatrikulation an einer rechtswissenschaftlichen Fakultät im Ausland
Vgl. hierzu, auch zum Nachweis, oben A. 1.
Anders als im Zusammenhang mit der Freiversuchsregelung reicht auch die Teilnahme an einer rechtswissenschaftlichen Veranstaltung einer ausländischen Universität im Rahmen eines Konföderationsabkommens ohne Immatrikulation im Ausland (z.B. Europäische Konföderation der oberrheinischen Universitäten - EUCOR) aus.
2. Gleichwertigkeit
Nicht erforderiich ist, daß die Übung, das Seminar oder die Grundlagenveranstaltung deutsches Recht zum Gegenstand haben. In der Regel wird Gleich wertigkeit unter folgenden Voraussetzungen angenommen:
a) Übung für Fortgeschrittene
Das Rechtsgebiet der ausländischen Lehrveranstaltung muß - entsprechend dem zu ersetzenden Übungsschein - dem Zivilrecht (einschließlich IPR), dem Strafrecht oder dem öffentlichen Recht (einschließlich Völkerrecht, Europarecht) zugeordnet werden können. Außerdem muß es sich um eine übungsähnliche Lehrveranstaltung handeln, in der je mit Erfolg eine umfangreichere schriftliche Arbeit (Klausur, Hausarbeit [in Großbritannien ersatzweise zwei "essays"] oder schriftlich ausgearbeitetes Referat [nicht nur Kurzreferat]) erstellt und außerdem eine weitere Prüfung abgelegt worden ist. Es soll grundsätzlich in derselben oder einer anderen, demselben Rechtsgebiet (Zivilrecht, Strafrecht oder öffentliches Recht) zuzuordnenden Lehrveranstaltung eine weitere schriftliche Prüfungsleistung erbracht werden; ausnahmsweise reicht auch eine mündliche Prüfungsleistung, wenn die mündliche Prüfung den gesamten während des Semesters vermittelten Lehrstoff zum Gegenstand hat und 30 bis 45 Minuten dauert.
Achtung: Es kann nur ein Übungsschein für Fortgeschrittene durch einen Leistungsnachweis aus dem Ausland ersetzt werden! Ein an den Universitäten Genf oder Lausanne erworbener Übungsschein im Deutschen Bürgerlichen Recht wird hierbei nicht mitgezählt
b) Seminar
Es muß mit Erfolg ein schriftlich ausgearbeitetes Referat (nicht nur ein Kurzreferat) erstattet worden sein. Ausnahmsweise kann auch die Anfertigung einer Hausarbeit zusammen mit einer mündlichen Prüfung genügen.
In Einzelfällen können Studienleistungen im Ausland Grundlage für eine Befreiung vom Zulassungserfordernis der erfolgreichen Teilnahme an einem Seminar sein (§ 10 Abs. 2 JAPrO), so bei Teilnahme an "moot courts" oder "concours", allerdings nur bei Anfertigung einer eigenen und abgrenzbaren schriftlichen Ausarbeitung .
c) Grundlagenveranstaltung
Die Veranstaltung muß einem der in § 8 Abs. 2 Satz 1 lit. c JAPrO genannten Grundlagenfächer zugeordnet werden können. Nicht erforderlich ist, daß das Grundlagenfach aus deutscher Sicht behandelt wird. Es muß mit Erfolg eine Aufsichtsarbeit oder Hausarbeit gefertigt oder ein schriftlich ausgearbeitetes Referat erstattet worden sein.
Nachweis: durch Bescheinigung der ausländischen Universität, aus
der sich ergeben sollen:
- Semester oder Studienjahr,
- Titel der Veranstaltung bzw. Prüfungsfach,
- Art der erbrachten Leistung (Aufsichtsarbeit, Hausarbeit, schriftlich
ausgearbeitetes Referat, ggf. besondere Voraussetzungen einer Anerkennung bei
nur mündlicher Prüfung),
- Bewertung der Leistung, einschließlich Angabe des für das
Bestehen erforderlichen Schwellenwerts.
Fremdsprachigen Bescheinigungen - außer englisch- und französischsprachigen
- ist eine Übersetzung beizufügen, die vom Studenten selbst
angefertigt werden kann; die Anforderung einer amtlich beglaubigten Übersetzung
bleibt vorbehalten.
Erwirbt die Studentin/der Student im Rahmen des Auslandsstudiums einen der
folgenden
juristischen Abschlüsse
, kann durch die zum Erwerb dieses
Abschlusses erbrachten Leistungen die erfolgreiche Teilnahme an einer Übung
für Fortgeschrittene - je nach Studienschwerpunkt einer Übung im
Zivilrecht oder im öffentlichen Recht - ersetzt werden:
- Diploma in Legal Studies
- Licence en Droit
- Maitrise en Droit (Sonderfall: Erfolgreicher Abschluß des
deutsch-französischen Studiengangs Rechtswissenschaft Köln/Paris I:
Auch hier kann je nach Studienschwerpunkt durch die erbrachten Leistungen der
Fortgeschrittenenschein im Zivilrecht oder im öffentlichen Recht ersetzt
werden. Im Rahmen der Freiversuchsregelung können nur drei Semester des
Studienaufenthalts in Paris nicht mitgezählt werden; das vierte
Auslandssemester muß auf Grund der Regelungen der JAPrO mitgezählt
werden, es zählt jedoch nicht als Unterbrechung des Studiums.)
- Diplome d'Etudes Juridiques Francaises
- Diplome de Droit Francais. Die erfolgreiche Teilnahme an einer
Fortgeschrittenenübung im öffentlichen Recht kann ersetzt werden durch
die Leistungen zum Erwerb des - Diplome d'Administration et Politique
Internationale.
Die erfolgreiche Teilnahme an einer Fortgeschrittenenübung im Zivilrecht kann ersetzt werden durch die Leistungen zum Erwerb des - Diplome de Droit Compare.
Statt des Übungsscheins kann durch die genannten Abschlüsse auch ein Seminarschein ersetzt werden.
Bei Erwerb eines der genannten Abschlüsse werden außerdem - ordnungsgemäße Beurlaubung im Inland und Immatrikulation an der ausländischen Universität vorausgesetzt - die Auslandssemester im Rahmen der Freiversuchsregelung nicht mitgezählt und gelten nicht als Unterbrechung des Studiums.
Vorzulegende Unterlagen:
- Beurlaubungsnachweis (s. oben A. 11.)
- Immatrikulationsnachweis
- Abschlußzeugnis;
- soweit die Entscheidung über die Ersetzung eines Übungsscheins
davon abhängt: Nachweise zum Studienschwerpunkt
Nach § 6 Abs. 1 JAPrO kann die erforderliche praktische Studienzeit auch ganz oder teilweise bei einer Stelle im Ausland abgeleistet werden, die eine Anschauung von praktischer Rechtsanwendung vermittelt. In Betracht kommen alle Stellen, bei denen die Studentin/der Student unter der verantwortlichen Leitung eines Juristen oder einer sonstigen fachkundigen Person eine Anschauung von der dort praktizierten Rechtsanwendung erhält. Es ist nicht erforderlich, daß eine Anschauung von der Anwendung deutschen Rechts vermittelt wird.
Nicht ausreichend ist eine Tätigkeit, die in erster Linie organisatorischen oder wissenschaftlichen Charakter hat.
Die praktische Studienzeit kann nur in der vorlesungsfreien Zeit des Rechtsstudiums abgeleistet werden; insoweit ist auf die Vorlesungszeit der Universität abzustellen, an der die Studentin/der Student eingeschrieben ist, ohne beurlaubt zu sein.
Nachweis: Bescheinigung der Ausbildungsstelle, aus der sich ergeben sollen:
- Ausbildungsstelle und Ausbilder,
- genauer Zeitraum des Praktikums,
- Bestätigung regelmäßiger Teilnahme am Praktikum,
- Art der Tätigkeit, Möglichkeiten der Anschauung praktischer
Rechtsanwendung; Vordrucke hierfür bestehen nicht.
Die Entscheidung über die Freiversuchsunschädlichkeit von Auslandssemestern (oben A.), die Ersetzung eines zulassungsrelevanten Inlandsscheins durch einen ausländischen Leistungsnachweis (oben B.) und die Anerkennung von Praktika (oben C.) erfolgt regelmäßig im Rahmen des Zulassungsverfahrens zur Ersten juristischen Staatsprüfung.
In Zweifelsfällen , in denen die vorliegenden Hinweise keinen ausreichenden Aufschluß geben, erteilt das Landesjustizprüfungsamt bereits im Vorfeld des Prüfungsverfahrens telefonisch oder schriftlich entsprechende Auskünfte. Für den Antrag zur Freiversuchsunschädlichkeit soll der anliegende Vordruck "Angaben zu den Ausnahmetatbeständen im Rahmen der Freiversuchsregelung" Verwendung finden; für andere Anfragen bestehen keine Vordrucke. Anfragen und Anträge sind zu richten an das
Justizministerium Baden-Württemberg
Landesjustizprüfungsamt
Postfach 10 34 61
70029 Stuttgart
Tel.: 0711/279-2366, 2368, 2363, 2364
Eggensperger
Präsident